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24 April 2005
Armenien: Hunderttausende gedenken des Völkermords vor 90 Jahren
(Hundreds of thousands remember the Genocide)
ERIWAN – In Armeniens Hauptstadt Eriwan haben über eine Million
Menschen des Völkermords im damaligen Osmanischen Reich vor 90 Jahren
gedacht. Die Türkei wurde erneut aufgefordert, den Tod von rund 1,5
Millionen Armeniern als Völkermord anzuerkennen.
In der Hauptstadt Eriwan legten die Trauernden Blumen an der
Gedenkstätte Zizernakaberd nieder. In dem auf einem Hügel gelegenen
Mahnmal türmten sich die Blumen meterhoch.
Armenien und weite Teile der internationalen Öffentlichkeit sprechen
von Völkermord. Die Türkei als Nachfolgerin des Osmanischen Reiches
bezeichnet die Massaker, welche am 24. April vor 90 Jahren begonnen
hatten, als kriegsbedingte Zwangsumsiedlungen.
Dieses Verbrechen habe “nicht einmal einen Namen”, sagte Armeniens
Präsident Robert Kotscharian mit Blick auf die Weigerung der Türkei,
die Massaker zwischen 1915 und 1917 offiziell als Völkermord
anzuerkennen.
Er forderte Ankara zu einem entsprechenden Beschluss auf. Doch auch
90 Jahre nach dem Beginn der Massaker und Todesmärsche ist das Thema
in der Türkei ein grosses Tabu. Die Türkei sieht die Forderungen nach
Anerkennung eines Völkermords als Versuch, sie international zu
ächten und ihr womöglich sogar Gebiete im ehemals armenisch
besiedelten Osten des Landes streitig zu machen.
Die türkischen Beziehungen zu Ländern wie Frankreich oder der Schweiz
wurden in den vergangenen Jahren belastet, weil deren Parlamente
offizielle Resolutionen mit dem Wort “Völkermord” verabschiedeten.
Die UNO-Menschenrechtskommission wie auch Papst Johannes Paul II.
werteten die Gräueltaten an den Armeniern als Völkermord. Auch
EU-Mitgliedstaaten wie Italien, die Niederlande, Belgien, Schweden,
Griechenland, Polen oder Slowakei sprechen offiziell von Genozid.