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Osnabrücker Land 10.05.2005
Die Türkei und die Chancen als EU-Mitgliedsland
Belm (sfe)
“Die Türkei – ein künftiges Mitgliedsland der Europäischen Union?” Der
CDU-Kreisvorsitzende Prof. Dr. Hans-Gert Pöttering sprach sich bei seinemVortrag
vor der Senioren-Union Osnabrücker Land in Belm deutlich dagegen aus.
“Die Türkei ist Deutschland gegenüber sehr aufgeschlossen und ein wichtiger
Partner im nordatlantischen Bündnis”, hob Pöttering hervor. Eine Mitgliedschaft
in der EU lehnte der Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten im
Europäischen Parlament aber derzeit ab: Sie berge zu viele Risiken.Die Europäische Union
befinde sich aktuell in einer Phase der Konsolidierung. Zwar hätten gerade die
kürzlich aufgenommenen mitteleuropäischen Länder einen “deutlichen Zugewinn
an Kultur und Meinung” in die EU gebracht, doch nun müsse das um zehn Staaten
gewachsene Gebilde erst zusammengebracht werden, betonte Pöttering. Nur auf
Basis eines “klar definierten Wertefundaments und einheitlicher Verfahren” sei
dies möglich, bekräftigte er. Verwirklicht würden diese Forderungen in der
Europäischen Verfassung, die demnächst verabschiedet werden solle. Sie beruhe auf
den seit der Antike gewachsenen Werten Humanismus, Aufklärung und Christentum.
Die Türkei könne daher nicht zu den Aspiranten gezählt werden. Zu
unterschiedlich seien vielfach die Wertvorstellungen. Pöttering merkte an, dass Folter,
Ehrenmorde und Zwangsheirat, wie sie in der Türkei immer noch auf der
Tagesordnung stünden, nicht toleriert werden dürften. Solange sich die Türkei zudem
nicht mit ihrer Vergangenheit auseinander setze und etwa den Völkermord an den
Armeniern anerkenne, sehe er keine Möglichkeit, sie in ein von Frieden, Freiheit
und Demokratie geprägtes Gebilde aufzunehmen. “Es darf in der EU keine
Tabuthemen geben”, mahnte Pöttering an.
Ein weiteres Problem sehe er in der “Überdehnung der EU”. Wenn man die Türkei
aufnehme, deren Staatsgebiet nur zu drei Prozent auf europäischem Boden liege
– Wie solle man dann nordafrikanische Staaten wie Marokko ablehnen? “Nur wenn
wir uns als Einheit präsentieren, bleiben wir handlungsfähig”, bekräftigte
Pöttering.