Armenien-Resolution vom Bundestag verabschiedet

Handelsblatt Interaktiv
Donnerstag, 16. Juni 2005

Kritik der Türkei

Armenien-Resolution vom Bundestag verabschiedet

In einem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen hat der Bundestag am
Donnerstag die Turkei zur offenen Aufarbeitung der Vertreibung und
der Massaker an den Armeniern vor 90 Jahren im Osmanischen Reich
aufgefordert.

HB BERLIN. ~DInsgesamt wird das Ausmaß der Massaker und Deportationen
in der Turkei immer noch verharmlost und weitgehend bestritten”,
heißt es in der Antragsbegrundung. Diese turkische Haltung stehe im
Widerspruch zu der Idee der Versohnung, die die Wertegemeinschaft
der Europäischen Union (EU) leite. Die EU will am 3. Oktober
Beitrittsverhandlungen mit der Turkei beginnen.

Der turkische Außenminister Abdullah Gul hatte vor der Annahme der
Resolution gewarnt und den Text in einem Interview der ~DHannoverschen
Allgemeinen Zeitung” (Mittwoch) als ~Dverantwortungslos, besturzend
und verletzend” bezeichnet. ~DEs gab keinen Volkermord an den
Armeniern.” Deutsche und Turken mussten als wichtigstes Projekt die
vollige Integration der Turken in Deutschland vorantreiben. Diese
Aufgabe werde durch die Konfrontation der deutschen Offentlichkeit
mit dem Thema Armenien erschwert.

Die Antragsbegrundung weist darauf hin, dass den Deportationen und
Massenmorden nach unabhängigen Berechnungen mehr als eine Million
Armenier zum Opfer fielen. ~DZahlreiche unabhängige Historiker,
Parlamente und internationale Organisationen bezeichnen die Vertreibung
und Vernichtung der Armenier als Volkermord.” Das Deutsche Reich
war als militärischer Hauptverbundeter des Osmanischen Reichs tief
in diese Vorgänge verstrickt. Der Antrag ist von den Vorsitzenden
aller vier Bundestagsfraktionen unterschrieben.

Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf, dabei mitzuhelfen,
dass zwischen Turken und Armeniern ein Ausgleich durch Aufarbeitung,
Versohnen und Verzeihen historischer Schuld erreicht werde. Tief
besorgt äußerten sich die Parlamentarier daruber, dass die
Armenier-Konferenz international angesehener turkischer Wissenschaftler
vom 25. bis 27. Mai in Istanbul durch den turkischen Justizminister
unterbunden worden sei.

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