ZENIT – Die Welt von Rom aus gesehen
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ZG06032108
Publikationsdatum: 2006-03-21
Benedikt XVI. fördert die Einheitsbestrebungen der getrennten armenischen
Kirchen
Empfang Benedikts XVI. fĂŒr eine Delegation unter der FĂŒhrung des
armenisch-katholischen Patriarchen Nerses Bedros XIX. Tarmouni
ROM, 21. MĂ€rz 2006 (ZENIT.org).- Benedikt XVI. hat die getrennten Kirchen
Armeniens dazu ermutigt, auf dem Weg “der BrĂŒderlichkeit und der
Zusammenarbeit” mit Blick auf das Ziel der “vollen Einheit” weiterzugehen.
Mit diesen Worten wandte sich der Papst am gestrigen Montag an die
SynodenvÀter und eine Gruppe von Pilgern, die unter der Leitung von
Patriarch Nerses Bedros XIX. Tarmouni von Kilikien fĂŒr die katholischen
Armenier in der Sala Clementina im Apostolischen Palast zusammengekommen
waren. Die Begegnung mit dem Heiligen beschloss die Phase der
Vorbereitungssitzungen, die vor der Einberufung des StÀndigen Rates der
katholischen Kirche in Armenien und der darauf folgenden Armenischen
Patriarchalsynode im Armenischen Kolleg in Rom stattgefunden hatten.
Die Geschichte der armenischen Kirche geht in ihren Wurzeln auf den Anfang
des 2. Jahrhunderts zurĂŒck. Nach der Tradition waren es die Apostel Judas
ThaddÀus und BartholomÀus, die das Evangelium zum ersten Mal in Armenien
verkĂŒndigt hatten. Aber erst in Folge der apostolischen BemĂŒhungen des
heiligen Gregors des Erleuchters, der im Jahr 301 König Tiridates III. und
dessen Hof taufte, wurde das Christentum zum ersten Mal in der Geschichte
Armeniens Staatsreligion. Der spÀter zum Bischof von CÀsarea und Kappadokien
geweihte heilige Gregor widmete seine ganze Kraft dem Kampf gegen das
Heidentum, indem er seiner Kirche eine hierarchische Organisation gab, an
deren Spitze der “Katholikos” [kirchlicher Titel, der seit dem 4.
Jahrhundert dem Bischof von Seleukia-Ktesiphon verliehen wurde und mit der
Stellung eines Generalvikars, der zu allen AmtsgeschÀften ermÀchtigt ist,
vergleichbar ist, Anm. D. Red.] steht.
In der Folge des 4. Ăkumenischen Konzils von Kalkedon im Jahr 465 trennte
sich die Kirche Armeniens von der der byzantinischen und römischen Kirche,
da sich Papst Leo I. geweigert hatte, den 28. Kanon zu akzeptieren, der die
Gleichstellung des Apostolischen Stuhls von Rom mit dem Patriarchen von
Konstantinopel sanktionierte und diesem Patriarchat den Primat zuwies. In
spÀteren Jahren gab es dann jedoch vor allem in Kleinarmenien unter
Bischöfen, Priestern und Laien eine sehr wichtige Strömung, die der Lehre
von Kalkedon treu geblieben waren. Sogar nach dem Schisma von 608/609 nahmen
einige Katholikoi und Bischöfe die Lehre von Kalkedon an und schrieben den
PĂ€psten Briefe, in denen sie ihre volle Gemeinschaft im Glauben zum Ausdruck
brachten.
Die verschiedenen Verfolgungen, denen die AnhÀnger des kalkedonischen
Glaubens im Verlauf der Jahrhunderte ausgesetzt waren, fĂŒhrten diese dann
zum Versuch, eine unabhĂ€ngige Hierarchie fĂŒr ihre Gemeinden einzurichten. So
kam es am Ende zur Wahl des kalkedonischen Katholikos Abraham Arzivian,
Bischof von Aleppo, der im Jahr 1742 offiziell von Papst Benedikt XIV.
bestÀtigt wurde. Bischof Arzivian wurde damit Patriarch von Kilikien und der
Armenier mit Sitz in Beirut (Libanon). Ihm oblag die Jurisdiktion ĂŒber den
SĂŒden des Ottomanischen Reiches. Aufgrund politischer Probleme im Reich
wurde der Sitz dann nach Konstantinopel verlegt.
Ab diesem Moment trennte sich die Armenische Katholische Kirche von der
Armenischen Apostolischen Kirche, die ihren Sitz in Etchmiadzin (in der NĂ€he
von Jerjevan, der Hauptstadt Armeniens) hat und im Jahr 1441 von einigen
antikalkedonischen Bischöfen und Mönchen gegrĂŒndet worden war. Die Leitung
der Armenischen Apostolischen Kirche liegt heute in HĂ€nden Seiner Heiligkeit
Karekin II., Oberster Patriarch und Katholikos aller Armenier.
WĂ€hrend der Audienz zeigte Benedikt XVI. sofort seine “groĂe Anerkennung”
fĂŒr die “starke, zuweilen bis zum Martyrium gehende AnhĂ€nglichkeit, die eure
Gemeinschaft dem Sitz des Petrus in einer gegenseitigen und fruchtbaren
Beziehung des Glaubens und der Zuneigung immer erwiesen hat”. Der Heilige
Vater rĂŒckte dann jene Leiden in den Vordergrund, die das armenische Volk
“im Namen des christlichen Glaubens in den Jahren der schrecklichen
Verfolgung” erfahren musste. Diese im Jahr 1915 begonnene Verfolgung sei
“mit einem Namen, der eine traurige Bedeutung hat”, in der Geschichte
eingeschrieben: “metz yeghĂšrn”, “das groĂe Ăbel”.
Der Genozid am armenischen Volk wurde von den damals an die Macht gekommenen
“Jungen TĂŒrken” verĂŒbt. Von der Gesamtbevölkerung, die sich im Ottomanischen
Reich, das im Niedergang begriffen war, auf ungefÀhr 2.600.000 Menschen
belief, wurden fast 1.500.000 grausam getötet.
FĂŒr die Armenische Katholische Kirche starben acht Bischöfe, 111 Priester,
53 Ordenleute und ungefĂ€hr 80.000 GlĂ€ubige. Der gröĂte Teil der
Bischofssitze, Kirchen, Konvente und Schulen wurde geplĂŒndert und entweiht.
Es gab auch zahlreiche Opfer unter den armenisch-apostolischen und
protestantischen Christen. Am 7. Oktober 2001 sprach Papst Johannes Paul II.
Erzbischof Ignazio Maloyan von Mardin aufgrund seines leuchtenden Beispiels
an Hingabe und seines Zeugnisses fĂŒr den Glauben an Christus selig.
Der Völkermord war auch der Anfang der Diaspora der armenischen Christen in
die ganze Welt. Heute zÀhlen sie mehr als 7.000.000 GlÀubige. Sie sind neben
Armenien auch in Russland, in Georgien, im Mittleren Osten, in SĂŒdamerika,
in Europa und in anderen DiasporalÀndern vertreten. Nach dem Fall des
Kommunismus richtete der Heilige Stuhl im Jahr 1991 das Ordinariat fĂŒr die
armenischen Katholiken Osteuropas ein, der LĂ€nder der ehemaligen
Sowjetunion. Nach und nach wurden in Armenien, Georgien und Russland
Pfarreien, Konvente und Kulturzentren gegrĂŒndet. Heute lebt in diesen
Territorien die Mehrheit der armenischen Katholiken: von den insgesamt
600.000 sind es ungefÀhr 400.000.
“Die göttliche Vorsehung hatte das armenisch-katholische Patriarchat in den
Mittleren Osten, nach Kilikien und spÀter in den Libanon verlegt. Zu ihm
blicken alle armenisch-katholischen GlÀubigen als einem festen geistlichen
Bezugspunkt fĂŒr ihre jahrhundertealte kulturelle und liturgische Tradition
auf”, erklĂ€rte der Bischof von Rom. Die untereinander getrennten Kirchen,
die im heiligen Gregor dem Erleuchter “ihren gemeinsamen GrĂŒndervater
anerkennen”, hĂ€tten in den vergangenen Jahrzehnten “einen herzlichen und
fruchtbaren Dialog aufgenommen, um die gemeinsamen Wurzeln wieder zu
entdecken”. Als “tröstliches Zeichen” dieser Sehnsucht nach voller Einheit
erinnerte Benedikt XVI. seine GĂ€ste an die im Jahr 2001 stattgefundene Feier
zum 1700. Jahrestags der Taufe des armenischen Volks, als die Armenische
Katholische Kirche eine erneute AnnÀherung an die Apostolische Kirche von
Etchmiadzin und den Anfang neuer brĂŒderlicher Beziehungen erlebt hatte.
Eigens zu diesem Anlass verfasste Papst Johannes Paul II. ein Apostolisches
Schreiben (2. Februar 2001), in dem er der katholischen Welt einen Einblick
in die Bekehrungsgeschichte und das Schicksal des armenischen Volks gewÀhrt.
“Ich unterstĂŒtze diese wieder gefundene BrĂŒderlichkeit und Zusammenarbeit
und bringe meine Hoffnung zum Ausdruck, dass daraus neue Initiativen fĂŒr
einen gemeinsamen Weg zur vollen Einheit hervorgehen”, so Benedikt XVI.
“Wenn die geschichtlichen Ereignisse die Zersplitterung der armenischen
Kirche zum Vorschein gebracht haben, so wird die göttliche Vorsehung es dazu
fĂŒhren, dass sie eines Tages wieder in brĂŒderlichem inneren Einklang mit
einer Hierarchie und in voller Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom vereint
sein wird”, fuhr der Papst fort. “Die Liebe des Herrn zur Kirche wĂ€hrend
ihrer Pilgerschaft durch die Zeit wird den Christen – das ist unsere
vertrauensvolle Hoffnung – die notwendigen Mittel bieten, um den dringlichen
Wunsch Johannes Pauls II. zu verwirklichen: ‘ut unum sint’.”
Benedikt XVI. beschloss seine Ansprache mit folgendem Wunsch: “Wir alle
wollen Instrumente sein, die Christus zur VerfĂŒgung stehen. Er, der der Weg,
die Wahrheit und das Leben ist, möge uns die Gnade gewÀhren, mit aller Kraft
auszuharren, auf dass es sobald als möglich eine Herde unter einem Hirten
gibt.”
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