Mit Kieferbruch zum Sieg

Die Suddeutsche Zeitung, Munnchen

24.09.2006 15:23 Uhr

Box-Weltmeister im Mittelgewicht

Mit Kieferbruch zum Sieg

Es war ein hasslicher Kampf: Der Berliner Boxer Arthur Abrahams brach
sich den Kiefer und boxte dennoch weiter. Am Ende gewann "Konig Arthur"
– und musste in die Intensivstation.

Walter Frohlich

Das Blut tropfte aus "Konig Arthurs" Mund auf den Ringboden und
hinterließ rote Spuren auf heller Hose. In der vierten Runde brach
ihm der Kiefer gleich doppelt und verursachte hollische Schmerzen,
Arthur Abrahams Gesicht mutierte immer mehr zur gruseligen Fratze.

Doch der Box-Weltmeister aus Berlin gab nicht auf und wurde
belohnt. Mit eisernem Kampfeswillen verteidigte er seinen IBF-Titel im
Mittelgewicht durch einen 3:0-Punktsieg gegen den Kolumbianer Edison
Miranda nach zwolf Runden erfolgreich.

"Ich habe immer noch einen Puls von 200. So eine Schlacht habe ich
nicht erwartet. Arthur hat sich ein Denkmal gesetzt. Wenn jemand
acht Runden mit gebrochenem Kiefer boxt, notigt das mehr als Respekt
ab", sagte Promoter Wilfried Sauerland. Trainer Ulli Wegner erganzte:
"Naturlich habe ich uberlegt, ihn aus dem Kampf zu nehmen. Aber Arthur
hatte es mir nie verziehen, wenn er so den Titel verloren hatte. Das
ist Boxen und nicht Kegeln."

Nach dem Kampf: Ab in die Intensivstation

Abraham selbst war nach dem Fight zu keiner Stellungnahme mehr
fahig. Nach Angaben von Ringarzt Professor Walter Wagner (Bayreuth)
hatte er "0,5 bis einen Liter Blut verloren". In der Kabine mussten
Infusionen gelegt werden.

Danach ging es zur Kieferoperation ins Evangelische Krankenhaus
in Siegen.

Selbst auf der Trage reckte Abraham noch die Daumen in die
Hohe. Spatestens jetzt hatte der ehemalige "Schlumpfboxer" seinem
neuen Kampfnamen "King Arthur" alle Ehre gemacht.

Am Sonntag war Abraham trotz seiner Blessuren erst recht obenauf. "Ohne
den Kieferbruch hatte ich Miranda in der sechsten Runde umgehauen",
meinte der Weltmeister, der Besuch von Sauerland und Wegner im
Krankenhaus empfing.

Nach dem Einsatz von Titanplatten in den Kiefer darf er das Hospital in
zwei bis drei Tagen wieder verlassen. Die behandelten Ärzte verlegten
ihn bereits von der Intensiv- auf die Normalstation.

Nachdem der Champion und sein Herausforderer Miranda bereits im
Vorfeld des Duells nicht mit Kampfansagen und Drohgebarden gespart
hatten, entwickelte sich von Beginn an ein intensiver Fight, der in
der funften Runde kurz vor dem Abbruch stand. Der immer wieder unfair
agierende Kolumbianer, der wegen seines unsauberen Stils insgesamt
funf Punkte abgezogen bekam, setzte Abraham mit einem Kopfstoß weiter
zu. Ringrichter Randy Neumann (USA) wollte den Kampf auspunkten lassen,
was wohl Abrahams Sieg zur Folge gehabt hatte.

Doch IBF-Supervisor Lindsey Tucker (USA) sah Mirandas Aktion nicht
als ausschlaggebend fur Abrahams Verletzung an und hatte den Abbruch
als technischen K.o.-Sieg fur den Sudamerikaner gewertet.

So hieß es fur den Weltmeister: Zuruck in den Ring. Wegner feuerte
seinen Schutzling in den Pausen immer wieder mit Aufmunterungen
wie "Wir sind doch Krieger" oder "Jetzt entscheidet der Kerl" an –
Abraham gehorchte und wuchs uber sich hinaus.

114:109, 115:109 und 116:109 lautete am Ende das Urteil der
Punktrichter.

Der geburtige Armenier, der seit Ende August die deutsche
Staatsangehorigkeit besitzt, blieb somit auch in seinem 22. Profikampf
ungeschlagen.

Kolumbianer sieht sich um Sieg betrogen

Aufgrund seiner Kieferfraktur muss Abraham nun ein Vierteljahr komplett
pausieren. In den Ring darf der 26-Jahrige fruhestens in sechs Monaten
zuruckkehren. Ob er dann tatsachlich schon zu einer freiwilligen
Titelverteidigung antritt, ließ Promoter Sauerland offen. So konnte
das nachste Duell erneut gegen Miranda steigen. "Miranda wird von der
IBF wohl wieder als offizieller Herausforderer angesetzt. Da konnte
uns also der nachste Kampf bevorstehen", sagte Sauerland.

Der Promoter des Kolumbianers, der zuvor in 26 Kampfen unbesiegt war,
rechnet sich offenbar schon Siegchancen aus. "Miranda hatte in der
funften Runde durch technischen K.o. gewinnen mussen. Dadurch, dass
sie Abraham haben weiterboxen lassen, haben sie einen jungen Champion
ruiniert. Er wird nie wieder derselbe sein", meinte Leon Margules.

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