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Rambo Der Armenier; Sylvester Stallones Filmplane Sorgen Fur =?unkno

RAMBO DER ARMENIER; SYLVESTER STALLONES FILMPLANE SORGEN FUR ÄRGER IN DER TURKEI
Kai Strittmatter

Suddeutsche Zeitung,
14. Februar 2007

Er hat Rocky wiederbelebt und will dasselbe auch mit Rambo tun,
der in zwei Jahren noch einmal auf der Leinwand zu sehen sein soll,
wenn er sich als Einzelkampfer durch Birma schlagt. Im Dezember aber
verriet Sylvester Stallone einer amerikanischen Lokalzeitung, dass
er in den Jahren, die ihm bleiben, auch noch Literatur verfilmen will.

Nichts weniger als "ein Epos uber die vollige Vernichtung einer
Zivilisation" schwebt ihm vor, und zwar "Die vierzig Tage des Musa
Dagh", der Roman von Franz Werfel, der den ersten Volkermord des 20.

Jahrhunderts zum Thema hat: den an den Armeniern. Er sei sich wohl
bewusst, dass das Vorhaben "politisch eine heißes Eisen" sei, meinte
Stallone: "Die Turken haben das Thema 85 Jahre lang totgeschwiegen."

Wie heiß, zeigte sich sofort. In der Turkei wurde er uber Nacht
zum Feind erklart. Kritiker verrissen seinen "Rocky Balboa" und
Rechtsnationale prophezeiten Stallone solchen Ärger, dass "der Aufruhr
um Mel Gibsons ,The Passion of Christ’ dagegen zahm erscheinen" werde.

Noch ist das Projekt nur ein Traum Stallones, auch wenn er sich
die letzte Einstellung schon ausgemalt hat: "Die franzosischen
Schiffe kommen, sie haben die Leitern herabgelassen, alle sind
hochgeklettert. Das Schiff fahrt davon. Der Held, der die Rettung
organisiert hat, ist eingeschlafen, hinter einem Felsen auf dem Hang.

Die Kamera fahrt zuruck, das Schiff und das Meer sind auf der einen
Seite, und da ist eine einsame Figur oben auf der Spitze des Berges,
wahrend auf der anderen Seite Tausende von Turken den Berg hochkommen."

Nichts ist vergessen

Hollywoodtauglich ist die Vorlage allemal. Da ist die Geschichte im
Buch: auf wahren Ereignissen fußend; ein kleines Happy End inmitten
einer großen Tragodie. Und da ist die Geschichte, deren Teil das
Buch nach Erscheinen wurde: Das Schwanken zwischen Wahrheit und
Luge, zwischen historischen Fakten und nationalen Tabus. Bis heute
ringen Armenier und Turken erbittert; Schauplatz ihrer Gefechte
sind mittlerweile Medien und Parlamentsflure in aller Welt. Nun
auch Hollywood?

Franz Werfel fand den Romanstoff, als er 1929 in Damaskus weilte:
"Das Jammerbild verstummelter und verhungerter Fluchtlingskinder, die
in einer Teppichfabrik arbeiteten, gaben den entscheidenden Anstoß,
das unfassbare Schicksal des armenischen Volkes dem Totenreich alles
Geschehenen zu entreißen." Das Buch spielt im Jahr 1915, als die
Regierung der Jungturken um Kriegsminister Enver und Innenminister
Talat die systematische Vertreibung und Vernichtung der anatolischen
Armenier beginnt. Werfel bedient sich auch der Aufzeichnungen des
deutschen Pastors Johannes Lepsius, der Enver Pascha in Istanbul
besuchte, um bei ihm um Gnade fur die Armenier zu bitten. "Zwischen dem
Menschen und den Pestbazillen gibt es keinen Frieden", sagt Enver. Es
gehe also, erwidert der Pastor resigniert, um nichts anderes als
"um die planvolle Ausrottung einer anderen Nation." "Die vierzig Tage
des Musa Dagh" war in der Turkei lange Zeit verboten.

Die Nazis verboten das Buch des Prager Juden Werfel ubrigens als erste,
zwei Monate nach dem Erscheinen im November 1933.

Helden des Buches sind die 5000 Armenier, die sich auf dem Gipfel des
Berges Musa Dagh, dem 1281 Meter hohen Moseberg nahe der syrischen
Grenze, verschanzen und wochenlang dort turkische Angriffe abwehren,
bis schließlich franzosische Schiffe zur Rettung kommen. Sieben
armenische Dorfer gab es einmal auf dem Berg. Heute gibt es noch eines,
das "Vakifli"-Dorf. Orangen und Granatapfel pflanzen sie dort.

Avedis Demirci ist der Älteste im Dorf. Als sie sich auf dem Berg
verschanzten, vor mehr als neun Jahrzehnten, war er gerade geboren.

Ja, sagte Demirci bei einem Besuch der SZ, er habe gehort, dass es
diesen Roman gebe. Ob man ihm das Buch denn besorgen solle? "Ach,
wozu soll das gut sein", sagt er: "Das ist eh alles vergessen." Das
war Ende vergangenen Jahres.

Nichts ist vergessen. Stallone plant seinen Film und der Belge-Verlag
furs Fruhjahr eine Neuauflage der vergriffenen Ausgabe. Die
Nationalisten schaumen. "Rambo ist ein Asala-Mann", schrieb eine
Zeitung in Anspielung auf die armenische Terrorgruppe Asala, die in
den siebziger und achtziger Jahren turkische Diplomaten umbrachte.

"Das Buch ist voller Lugen, der Autor hat sich seine Informationen
von nationalistischen und radikalen Armeniern geholt", ereifert
sich der Vorsitzender des "Vereins zur Bekampfung der unwahren
Volkermord-Behauptungen" Savas Egilmez, der an der Ataturk-Universitat
in Erzurum Geschichte lehrt. Der Verein will den Film stoppen, Tausende
von wutenden E-Mails haben sie nach Hollywood geschickt. Stallone
solle nach Erzurum kommen, meint Egilmez. Dort kann er sich das
Museum ansehen, in dem die turkische Sicht auf die "Armenier-Massaker"
ausgestellt ist – hier wird der Greueltaten gedacht, die die Armenier
an den Turken begangen haben.

Fur die Turkei kommt die Aufregung um den Film – wie auch die um
den Mord an dem armenischstammigen Journalisten Hrant Dink – zu
einem ungunstigen Zeitpunkt: Im US-Kongress wurde Ende Januar eine
Resolution eingebracht, die den Prasidenten verpflichten soll, den
Begriff "Volkermord" zu verwenden, wenn er uber die Massaker an den
Armeniern spricht. Die turkische Diplomatie arbeitet auf Hochtouren.

Gleichzeitig kursieren Vorschlage fur einen PR-Gegenschlag: Die
armenische Diaspora bezahle Hollywood fur Volkermord-Filme, meinte
der Istanbuler AKP-Abgeordnete Egemen Bagis, warum also tue die Turkei
nicht das Gleiche?

Ein erstes Projekt zur Ehrenrettung wurde diese Woche vorgestellt:
ein Film uber Behic Erkin, den turkischen Botschafter in Paris
zur Nazi-Zeit, der vielen Juden zur Ausreise verhalf – er soll zum
turkischen Oskar Schindler werden: "In einer Zeit, in der Europa
schwieg und teilnahmslos blieb", sagt der Filmagent und Mitinitiator
Mehmet Celebi, "ist dies ein weiterer Beweis fur einen Muslim und
Turken, der nicht stumm blieb angesichts der Inhumanitat, die sich
im Herzen Europas zutrug."

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Kalashian Nyrie:
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