Süddeutsche Zeitung
16. Februar 2007
Aus für Stallone;
Der Star will Werfels "Musa Dagh" verfilmen, hat aber nicht die
Rechte
Sylvester Stallone hat einen Traum: Er möchte gerne "Die vierzig Tage
des Musa Dagh" verfilmen, Franz Werfels Epos zum Völkermord an den
Armeniern im Osmanischen Reich (SZ vom 14. Februar). Mit der
Ankündigung vor einigen Wochen hat Stallone die Armenier entzückt,
die Türken aufgebracht – und mindestens einen Deutschen sehr
überrascht: "Stallone kann und wird den Film nicht machen", sagt der
Regisseur und Produzent Ottokar Runze. "Die Weltrechte liegen nämlich
bei mir." Ottokar Runze also wird den Film machen, das heißt, er
steckt in den Vorbereitungen dazu. "Stallone weiß, dass ich die
Rechte habe", sagt Runze. Man habe mit dem Agenten des Hollywoodstars
Kontakt aufgenommen und ihm angeboten, als Koproduzent einzusteigen.
Stallone habe abgelehnt.
Jahrzehntelang hielt das Hollywoodstudio MGM die Rechte an Werfels
Roman. "Hinter den Kulissen gab es immer starke türkische Bemühungen,
den Film zu verhindern", sagt Runze. Der vor 81 Jahren in Berlin
geborene Runze erwarb die Rechte schon 1989. Mehrfach kündigte seine
Firma den Beginn der Dreharbeiten an, im Gespräch mit der SZ gibt
sich Runze zuversichtlich, dass es bald so weit ist, auch wenn die
Finanzierung "noch nicht ganz geschlossen" sei. 22 Millionen Euro
soll der Film kosten. Runze hat das Drehbuch geschrieben und wird
produzieren, Regie führen soll Kai Wessel ("Die Flucht").
Den Rummel um das "Haus der Lerchen", den Film der Taviani-Brüder
über die Massaker an den Armeniern, der gerade auf der Berlinale
uraufgeführt wurde, schreckt Runze nicht: Die zwei Projekte
unterschieden sich stark, meint er. Der Taviani-Film werde beherrscht
von "Grausamkeit und Verzweiflung", während "Die vierzig Tage des
Musa Dagh"von erfolgreichem Widerstand erzähle: "Die Armenier
flüchten auf den Berg und werden gerettet." Vor allem in Armenien
solle gedreht werden, nicht jedoch in der Türkei, am eigentlichen
Schauplatz des Geschehens. Man könne leider nicht ausschließen, dass
"fanatisierte" Türken das Projekt bedrohten, meint Runze: "Der Gefahr
kann man seine Mitarbeiter nicht aussetzen." Aber: "In unserem Film
sollen auch gute Türken zu Wort kommen."KAI STRITTMATTER