SwissInfo, Schweizer
Mittwoch 27 juli 2005
Türkei bestellt Schweizer Botschafter ein
ISTANBUL – Die Türkei hat den Schweizer Botschafter ins
Aussenministerium in Ankara einbestellt. Sie protestierte bei ihm
scharf gegen die Schweizer Ermittlungen gegen zwei prominente Türken
wegen Genozid-Leugnung.
Wie das Aussenministerium in Ankara mitteilte, brachte Staatssekretär
Nabi Sensoy in dem Gespräch mit dem Schweizer Botschafter Walter
Gyger “die Verstimmung der türkischen Regierung und Öffentlichkeit in
scharfer Form zum Ausdruck”.
Der Botschafter sei von der Auffassung der türkischen Regierung
unterrichtet worden, dass die Vorermittlungen der Justiz in
Winterthur gegen den türkischen Historiker Yusuf Halacoglu und den
Politiker Dogu Perinçek gegen internationales Recht verstossen,
teilte das Aussenministerium mit.
In Abwesenheit eines internationalen Gerichtsurteil zu der
Armenierfrage sei die Schweizer Justiz dazu nicht berechtigt. Die
türkische Regierung erwarte, dass diese Vorermittlungen sofort
eingestellt würden, erklärte das Aussenministerium.
Alles andere werde als eklatanter Verstoss gegen die Meinungsfreiheit
bewertet. Eine solche Behandlung türkischer Staatsbürger würde “den
Beziehungen zwischen den beiden Ländern unausweichlich schweren
Schaden” zufügen, wurde dem Schweizer Botschafter nach Angaben des
Ministeriums erklärt.
Carine Carey vom Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten
(EDA) widersprach auf Anfrage den türkischen Angaben, wonach der
Schweizer Botschafter “bestellt” worden sei. Das Gespräch habe auf
Anfrage Gygers stattgefunden. Dies habe beiden Seiten Gelegenheit
gegeben, ihre Positionen darzulegen.
Am Donnerstag kommt es auf Wunsch des türkischen Botschafters in der
Schweiz in Bern zu einem weiteren Treffen Schweiz-Türkei. Der
Botschafter wird beim EDA vom Chef der Politischen Abteilung I,
Jean-Jacques de Dardel, empfangen werden, wie EDA-Sprecherin Carey
weiter ausführte.