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9. März 2007, 12:48, NZZ Online
Erste Verurteilung wegen Leugnung von Armenier-Genozid
Perincek in Lausanne schuldig gesprochen
Der türkische Politiker Dogu Perincek ist wegen eines Verstosses gegen
das Antirassismus-Gesetz verurteilt worden. Er habe mehrmals den
Völkermord der Türken an der armenischen Bevölkerung im Jahr 1915
geleugnet und sich damit strafbar gemacht, urteilte am Freitag das
Bezirksgericht Lausanne.
(ap/sda) Das Urteil gegen Dogu Perincek lautete auf einer bedingten
Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 100 Franken sowie einer Busse von
3000 Franken. Zudem muss er die Gerichtskosten übernehmen und der
Gesellschaft Schweiz- Armenien (GSA) einen symbolischen Betrag von 1000
Franken zahlen.
Dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt
Das Gericht folgte mit seinem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft.
Die Anklage hatte Perincek vorgeworfen, den Völkermord von 1915 aus
rassistischen Gründen zu leugnen. Der Vorsteher der türkischen
Arbeiterpartei hatte den Genozid auch vor Gericht in Lausanne nochmals
bestritten. Die Verteidigung des türkischen Politikers ihrerseits
stellte die Urteilsfähigkeit des Gerichts in Frage.
«Der Völkermord an den Armeniern ist international und in der
Schweiz anerkannt», sagte Einzelrichter Pierre-Henri Winzap. Dass der
Bundesrat es vorziehe, zu dem Thema zu schweigen, sei wegen dessen Sorge
um die internationalen Beziehungen verständlich, sagte Winzap weiter.
Der Rassist und Nationalist Perincek habe genau gewusst, was er tue und
sei deshalb zu verurteilen. Sein Motiv sei klar rassistisch gewesen.
Perincek sieht sich als Rassismus-Opfer
«Das ist ein rassistisches und imperialistisches Urteil», sagte
Perincek unmittelbar nach der Verhandlung. Aber das treffe nicht ihn,
sondern das Schweizer Volk, das nicht frei über die Geschichte
sprechen dürfe, sagte Perincek weiter. Er kündigte an, das Urteil
weiterzuziehen. Perincek sieht sich als Opfer in einer Linie mit
Galilei, Robespierre und Marx, die ebenfalls für ihre Ideen verurteilt
worden seien. Der Richter sei nicht neutral gewesen und hasse ihn. Das
Urteil sei eine Revanche des Imperialismus und folge der
Unterdrückungspolitik der USA im mittleren Osten, sagte Perincek.
Er werde seine Aussagen weiterhin machen. Wissenschaftliche
Überzeugungen könnten weder durch Drohungen oder Gefängnis
verändert werden, sagte Perincek. Vor Gericht hatte er allerdings
gesagt, dass er seine Position auch dann nicht ändern würde, wenn
eine unabhängige Expertenkommission zu einem anderen Schluss käme
als er.
Erleichterung aber keine Freude bei Armeniern
Perincek ist gemäss Aussagen von Vertretern der GSA die erste Person,
die wegen Leugnung des Völkermordes an den Armeniern verurteilt wurde.
Diese zeigten sich erleichtert nach dem Schuldspruch. Freude empfänden
sie aber nicht, die Ereignisse von 1915 könnten niemals dazu Anlass
geben, sagte der GSA-Co-Präsident Sarkis Shahinian.
Armenien wirft dem Osmanischen Reich als Vorläufer der Türkei vor,
in Anatolien zwischen 1915 und 1917 eineinhalb Millionen Armenier bei
Vertreibungen gezielt ermordet zu haben. Perincek hatte im Jahr 2005 in
der Schweiz mehrmals den Genozid an den Armeniern im zerfallenden
osmanischen Reich als «internationale Lüge» bezeichnet. Er war
deshalb in den Kantonen Zürich, Bern und Waadt angezeigt worden. Die
GSA war als Zivilklägerin anerkannt worden.