Spiegel: Turkish ambassador threatens Bundestag (German)
SPIEGEL ONLINE – 21. April 2005, 18:52
URL: ,1518,352657,00.html
Armenien-Debatte
Türkischer Botschafter droht dem Bundestag
Von Severin Weiland
Politiker aller Fraktionen haben heute im Bundestag die Türkei aufgefordert, das
Massaker an der armenischen Bevölkerung vor 90 Jahren als Teil ihrer Geschichte
zu akzeptieren. Der türkische Botschafter warnt vor Konsequenzen auf die
Beziehungen beider Länder, sollte das Parlament eine entsprechende Entschließung
verabschieden.
AFP
Ermordete Armenier, 1915: Die Türkei bestreitet bis heute, dass es einen
geplanten Völkermord gab
Berlin – Es war eine Premiere in einem deutschen Parlament: Zum ersten Mal wurde
des Massakers an den Armeniern im Osmanischen Reich gedacht. Der CDU-Abgeordnete
Christoph Bergner, Initiator des Antrags der Unionsfraktion, erinnerte im
Bundestag daran, dass in den Jahren 1915/16 die Zensur der Reichsregierung
während des Ersten Weltkriegs eine Aussprache im damaligen Reichstag verhindert
hatte.
Bergner verwies auf die Mitschuld des deutschen Kaiserreichs, das Informationen
seiner Botschaft in Konstantinopel über die Massaker, die am 24. April 1915
begannen, nicht an die Öffentlichkeit brachte. Bergner zitierte die Sätze des
damaligen Reichskanzlers Theobald von Bethmann-Hollweg an den deutschen
Botschafter, wonach “unser einziges Ziel ist, die Türkei bis zum Ende des Kriegs
an unserer Seite zu halten, gleichgültig ob darüber Armenier zugrunde gehen oder
nicht”.
Es war eine Debatte, die sich in ihrer Sachlichkeit ausdrücklich abhob von
manchen hysterischen Reaktionen aus der Türkei. CDU und CSU hatten Mitte Februar
den Antrag eingebracht. Massiv hatte daraufhin die türkische Seite versucht,
Einfluss zu nehmen. Vertreter der regierenden AKP waren bei Vertretern der
Unionsfraktion vorstellig geworden. Der Unionsvorstoß hatte auch Rot-Grün unter
Zugzwang gesetzt. Der Antrag wird nun zunächst im Auswärtigen Ausschuss
federführend beraten und kommt möglicherweise in einem gemeinsamen Antrag im
Juni zur Abstimmung – also erst Wochen nach dem für Anfang Mai geplanten Besuch
des Kanzlers am Bosporus.
Der frühere sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Bergner betonte, der
Verzicht auf die Begriffe “Völkermord” und “Genozid” im Antrag der Union bedeute
keinesfalls, die Ereignisse verharmlosen oder beschönigen zu wollen. Es gehe der
Union aber “ausdrücklich nicht darum, die türkische Regierung und die
Bevölkerung auf die Anklagebank zu setzen”. Vielmehr solle die Türkei einbezogen
werden in die “europäische Erinnerungskultur”, so Bergner.
“Nicht die Augen vor der Geschichte verschließen”
Der CDU-Außenpolitiker Friedbert Pflüger unterstützte ausdrücklich die Bemerkung
seines sozialdemokratischen Kollegen Markus Meckel, der erklärt hatte: “Es macht
eine Nation nicht größer, wenn sie vor den dunklen Seiten ihrer Geschichte ihre
Augen verschließt.”
Pflüger hob hervor, dass es CDU und CSU “ausdrücklich” nicht darum gehe, mit dem
Antrag der Annäherung der Türkei an Europa neue Hindernisse in den Weg zu legen.
Die türkische Seite hatte wiederholt Vermutungen geäußert, mit dem
Armenier-Antrag sollten die Beitrittsverhandlungen des Landes zur EU
unterminiert werden. Die Mehrheit in der Union ist für eine privilegierte
Partnerschaft statt einer Vollmitgliedschaft.
DDP
CDU-Politiker Bergner: Dank von allen Seiten
“Es kann und darf kein Aufrechnen der verschiedenen Opfer geben”, so der
SPD-Abgeordnete Meckel und erinnerte auch an die Toten unter Türken, Tartaren
und Kurden vor 90 Jahren. Meckel dankte dem CDU-Politiker Bergner für die
Initiative und erklärte, er sei überzeugt, dass man am Ende zu einem gemeinsamen
Antrag kommen werde.
Ähnlich äußerte sich auch der Außenpolitiker der Grünen, Fritz Kuhn. Im
Gegensatz zur Union hob Kuhn für seine Partei jedoch hervor, man hoffe, dass der
Weg der Türkei zur “europäischen Wertegemeinschaft” und in die EU “eines Tages
erfolgreich abgeschlossen wird”. Er verwahrte sich aber gegen Versuche der
Türkei, Einfluss zu nehmen: “Der Bundestag entscheidet allein und nur er, mit
was er sich befasst und mit wem”, so Kuhn.
Zwar stimme seine Fraktion der Feststellung von Historikern zu, dass es sich bei
den Vorgängen um Völkermord und Genozid gehandelt habe. Doch warnte der Grüne
zugleich vor einer “falschen Zuspitzung” und bezog sich damit offenbar auf die
noch ausstehende Endfassung eines möglicherweise gemeinsamen Antrags. Man sollte
“nicht mit der Geste eines Richters auftreten”. Es gehe vielmehr darum, in dem
innertürkischen Diskussionsprozess die “zarte Pflanze einer Erinnerungskultur zu
unterstützen”.
Botschafter warnt vor Schaden unabsehbaren Ausmaßes
Einen Tag vor der Beratung im Bundestag hatte sich erneut der türkische
Botschafter Mehmet Ali Irtemçelik in einem Interview mit dem Massenblatt
“Hürriyet” zur Armenien-Debatte geäußert. Darin wiederholte er die türkische
Position, wonach es nicht zu den Aufgaben von Parlamenten gehöre, ein Urteil
über historische Ereignisse zu fällen. Sollte es den Initiatoren des Antrags im
Bundestag “und den Organisationen, die dahinter stehen, ermöglicht werden, ihr
Ziel zu erreichen, wird es nicht zu vermeiden sein, dass die Türkei und die hier
lebenden knapp drei Millionen Türken aus dieser Haltung Konsequenzen ziehen”.
Er befürchte, so der Botschafter weiter, dass bei einer Annahme “dieses oder
eines Antrags dieser Art, ungeachtet der Bemühungen von offizieller Seite, dies
zu verhindern, der Schaden in den Beziehungen ein Ausmaß und eine Dimension
erreichen wird, welcher heute nicht absehbar ist”.
Das Wortlaut-Interview, das SPIEGEL ONLINE durch die Botschaft in Berlin in
deutscher Übersetzung übermittelt wurde, entspricht der offiziellen
Geschichtsdarstellung Ankaras. Armenier im Osmanischen Reich, so der
Botschafter, seien von Russland und Großbritannien seit 1880 unterstützt worden.
Dabei hätten sie auch Massaker an der muslimischen Bevölkerung in Ostanatolien
durchgeführt. Im Ersten Weltkrieg hätten dann armenische Banden, im Glauben eine
baldige Unabhängigkeit zu erreichen, hinter der Front die osmanische Armee
angegriffen.
Aus Gründen der “Selbstverteidigung” sei daher die Entscheidung zur
“Umsiedelung” der Armenier gefallen. Dabei sei es zu einer “Katastrophe”
gekommen, bei der “Hunderttausende Armenier ums Leben kamen”. Die Gründe hierfür
seien bei Racheakten der Bevölkerung, “insbesondere bestimmter Stämme, die zuvor
armenischen Massakern ausgesetzt waren, bei Staatsbediensteten, die die
Anweisung der Regierung, die (Deportations-)Kolonnen zu beschützen, nicht
erfüllten, sowie in Hungernöten und Epidemien, von denen alle betroffen waren,
zu sehen”.
DER SPIEGEL
Der Massenmord an den Armeniern
Die Mehrheit der umgesiedelten Armenier, so der Botschafter, “erreichte ihre
Siedlungsgebiete wohlauf” und sei über türkische Häfen in Drittstaaten gereist.
Von türkischer Seite wird bis heute ein geplanter Völkermord an der christlichen
Minderheit rigoros bestritten. Wer dies dennoch tut, muss mit einem Verfahren
rechnen. So ist der Schriftsteller Orhan Pamuk in Kayseri angeklagt – wegen
“grundloser Vorwürfe gegen die türkische Identität, das türkische Militär und
die Türkei als Ganzes”. Pamuk hatte in einem Interview erklärt, dass in der
Türkei Anfang des letzten Jahrhunderts eine Million Armenier getötet worden
seien. Daraufhin erhielt er Morddrohungen, seine Bücher wurden in der
südanatolischen Stadt Bilecik verbrannt.
Nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches hatte die junge Türkei die Zahl der
armenischen Opfer mit 800.000 angegeben – von der deutschen Botschaft in
Konstantinopel – das Deutsche Reich war Verbündeter des Osmanischen Reichs –
wurde die Opferzahl mit rund 1,5 Millionen angegeben. Diese Größenordnung wird
bis heute von armenischer Seite vertreten. Zwar wurden einige der
Hauptverantwortlichen nach dem Krieg aufgrund alliierten Drucks vor Gericht
gestellt. Doch fast alle konnten flüchten, andere wurden später Minister in der
nach dem Ersten Weltkrieg gegründeten Türkei.
AFP
Gedenkstätte in Armenien: Gegenseitiges Misstrauen
Davon steht im Interview des Botschafters mit dem einflussreichen “Hürriyet”
kein Wort. Stattdessen heißt es dort, mehr als 1.300 Staatsbedienstete seien zu
Höchststrafen, einige auch zum Tode verurteilt worden. Das seien dokumentierte
Tatsachen. “Es ist offensichtlich, dass sich eine große Tragödie ereignet hat
und gegenseitige Massaker stattgefunden haben, deren Wurzeln bis 1880
zurückreichen”, so Irtemçelik weiter.
Es sei jedoch genauso offensichtlich, dass bei diesen Deportationen “keine
einzige Komponente der Straftat des Völkermordes, der in der Uno-Konvention von
1948 eindeutig definiert wird, vorliegt”.
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(18.04.2005)
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SPIEGEL ONLINE – 21. April 2005, 18:52
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Armenien-Debatte
Türkischer Botschafter droht dem Bundestag
Von Severin Weiland
Politiker aller Fraktionen haben heute im Bundestag die Türkei aufgefordert, das
Massaker an der armenischen Bevölkerung vor 90 Jahren als Teil ihrer Geschichte
zu akzeptieren. Der türkische Botschafter warnt vor Konsequenzen auf die
Beziehungen beider Länder, sollte das Parlament eine entsprechende Entschließung
verabschieden.
AFP
Ermordete Armenier, 1915: Die Türkei bestreitet bis heute, dass es einen
geplanten Völkermord gab
Berlin – Es war eine Premiere in einem deutschen Parlament: Zum ersten Mal wurde
des Massakers an den Armeniern im Osmanischen Reich gedacht. Der CDU-Abgeordnete
Christoph Bergner, Initiator des Antrags der Unionsfraktion, erinnerte im
Bundestag daran, dass in den Jahren 1915/16 die Zensur der Reichsregierung
während des Ersten Weltkriegs eine Aussprache im damaligen Reichstag verhindert
hatte.
Bergner verwies auf die Mitschuld des deutschen Kaiserreichs, das Informationen
seiner Botschaft in Konstantinopel über die Massaker, die am 24. April 1915
begannen, nicht an die Öffentlichkeit brachte. Bergner zitierte die Sätze des
damaligen Reichskanzlers Theobald von Bethmann-Hollweg an den deutschen
Botschafter, wonach “unser einziges Ziel ist, die Türkei bis zum Ende des Kriegs
an unserer Seite zu halten, gleichgültig ob darüber Armenier zugrunde gehen oder
nicht”.
Es war eine Debatte, die sich in ihrer Sachlichkeit ausdrücklich abhob von
manchen hysterischen Reaktionen aus der Türkei. CDU und CSU hatten Mitte Februar
den Antrag eingebracht. Massiv hatte daraufhin die türkische Seite versucht,
Einfluss zu nehmen. Vertreter der regierenden AKP waren bei Vertretern der
Unionsfraktion vorstellig geworden. Der Unionsvorstoß hatte auch Rot-Grün unter
Zugzwang gesetzt. Der Antrag wird nun zunächst im Auswärtigen Ausschuss
federführend beraten und kommt möglicherweise in einem gemeinsamen Antrag im
Juni zur Abstimmung – also erst Wochen nach dem für Anfang Mai geplanten Besuch
des Kanzlers am Bosporus.
Der frühere sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Bergner betonte, der
Verzicht auf die Begriffe “Völkermord” und “Genozid” im Antrag der Union bedeute
keinesfalls, die Ereignisse verharmlosen oder beschönigen zu wollen. Es gehe der
Union aber “ausdrücklich nicht darum, die türkische Regierung und die
Bevölkerung auf die Anklagebank zu setzen”. Vielmehr solle die Türkei einbezogen
werden in die “europäische Erinnerungskultur”, so Bergner.
“Nicht die Augen vor der Geschichte verschließen”
Der CDU-Außenpolitiker Friedbert Pflüger unterstützte ausdrücklich die Bemerkung
seines sozialdemokratischen Kollegen Markus Meckel, der erklärt hatte: “Es macht
eine Nation nicht größer, wenn sie vor den dunklen Seiten ihrer Geschichte ihre
Augen verschließt.”
Pflüger hob hervor, dass es CDU und CSU “ausdrücklich” nicht darum gehe, mit dem
Antrag der Annäherung der Türkei an Europa neue Hindernisse in den Weg zu legen.
Die türkische Seite hatte wiederholt Vermutungen geäußert, mit dem
Armenier-Antrag sollten die Beitrittsverhandlungen des Landes zur EU
unterminiert werden. Die Mehrheit in der Union ist für eine privilegierte
Partnerschaft statt einer Vollmitgliedschaft.
DDP
CDU-Politiker Bergner: Dank von allen Seiten
“Es kann und darf kein Aufrechnen der verschiedenen Opfer geben”, so der
SPD-Abgeordnete Meckel und erinnerte auch an die Toten unter Türken, Tartaren
und Kurden vor 90 Jahren. Meckel dankte dem CDU-Politiker Bergner für die
Initiative und erklärte, er sei überzeugt, dass man am Ende zu einem gemeinsamen
Antrag kommen werde.
Ähnlich äußerte sich auch der Außenpolitiker der Grünen, Fritz Kuhn. Im
Gegensatz zur Union hob Kuhn für seine Partei jedoch hervor, man hoffe, dass der
Weg der Türkei zur “europäischen Wertegemeinschaft” und in die EU “eines Tages
erfolgreich abgeschlossen wird”. Er verwahrte sich aber gegen Versuche der
Türkei, Einfluss zu nehmen: “Der Bundestag entscheidet allein und nur er, mit
was er sich befasst und mit wem”, so Kuhn.
Zwar stimme seine Fraktion der Feststellung von Historikern zu, dass es sich bei
den Vorgängen um Völkermord und Genozid gehandelt habe. Doch warnte der Grüne
zugleich vor einer “falschen Zuspitzung” und bezog sich damit offenbar auf die
noch ausstehende Endfassung eines möglicherweise gemeinsamen Antrags. Man sollte
“nicht mit der Geste eines Richters auftreten”. Es gehe vielmehr darum, in dem
innertürkischen Diskussionsprozess die “zarte Pflanze einer Erinnerungskultur zu
unterstützen”.
Botschafter warnt vor Schaden unabsehbaren Ausmaßes
Einen Tag vor der Beratung im Bundestag hatte sich erneut der türkische
Botschafter Mehmet Ali Irtemçelik in einem Interview mit dem Massenblatt
“Hürriyet” zur Armenien-Debatte geäußert. Darin wiederholte er die türkische
Position, wonach es nicht zu den Aufgaben von Parlamenten gehöre, ein Urteil
über historische Ereignisse zu fällen. Sollte es den Initiatoren des Antrags im
Bundestag “und den Organisationen, die dahinter stehen, ermöglicht werden, ihr
Ziel zu erreichen, wird es nicht zu vermeiden sein, dass die Türkei und die hier
lebenden knapp drei Millionen Türken aus dieser Haltung Konsequenzen ziehen”.
Er befürchte, so der Botschafter weiter, dass bei einer Annahme “dieses oder
eines Antrags dieser Art, ungeachtet der Bemühungen von offizieller Seite, dies
zu verhindern, der Schaden in den Beziehungen ein Ausmaß und eine Dimension
erreichen wird, welcher heute nicht absehbar ist”.
Das Wortlaut-Interview, das SPIEGEL ONLINE durch die Botschaft in Berlin in
deutscher Übersetzung übermittelt wurde, entspricht der offiziellen
Geschichtsdarstellung Ankaras. Armenier im Osmanischen Reich, so der
Botschafter, seien von Russland und Großbritannien seit 1880 unterstützt worden.
Dabei hätten sie auch Massaker an der muslimischen Bevölkerung in Ostanatolien
durchgeführt. Im Ersten Weltkrieg hätten dann armenische Banden, im Glauben eine
baldige Unabhängigkeit zu erreichen, hinter der Front die osmanische Armee
angegriffen.
Aus Gründen der “Selbstverteidigung” sei daher die Entscheidung zur
“Umsiedelung” der Armenier gefallen. Dabei sei es zu einer “Katastrophe”
gekommen, bei der “Hunderttausende Armenier ums Leben kamen”. Die Gründe hierfür
seien bei Racheakten der Bevölkerung, “insbesondere bestimmter Stämme, die zuvor
armenischen Massakern ausgesetzt waren, bei Staatsbediensteten, die die
Anweisung der Regierung, die (Deportations-)Kolonnen zu beschützen, nicht
erfüllten, sowie in Hungernöten und Epidemien, von denen alle betroffen waren,
zu sehen”.
DER SPIEGEL
Der Massenmord an den Armeniern
Die Mehrheit der umgesiedelten Armenier, so der Botschafter, “erreichte ihre
Siedlungsgebiete wohlauf” und sei über türkische Häfen in Drittstaaten gereist.
Von türkischer Seite wird bis heute ein geplanter Völkermord an der christlichen
Minderheit rigoros bestritten. Wer dies dennoch tut, muss mit einem Verfahren
rechnen. So ist der Schriftsteller Orhan Pamuk in Kayseri angeklagt – wegen
“grundloser Vorwürfe gegen die türkische Identität, das türkische Militär und
die Türkei als Ganzes”. Pamuk hatte in einem Interview erklärt, dass in der
Türkei Anfang des letzten Jahrhunderts eine Million Armenier getötet worden
seien. Daraufhin erhielt er Morddrohungen, seine Bücher wurden in der
südanatolischen Stadt Bilecik verbrannt.
Nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches hatte die junge Türkei die Zahl der
armenischen Opfer mit 800.000 angegeben – von der deutschen Botschaft in
Konstantinopel – das Deutsche Reich war Verbündeter des Osmanischen Reichs –
wurde die Opferzahl mit rund 1,5 Millionen angegeben. Diese Größenordnung wird
bis heute von armenischer Seite vertreten. Zwar wurden einige der
Hauptverantwortlichen nach dem Krieg aufgrund alliierten Drucks vor Gericht
gestellt. Doch fast alle konnten flüchten, andere wurden später Minister in der
nach dem Ersten Weltkrieg gegründeten Türkei.
AFP
Gedenkstätte in Armenien: Gegenseitiges Misstrauen
Davon steht im Interview des Botschafters mit dem einflussreichen “Hürriyet”
kein Wort. Stattdessen heißt es dort, mehr als 1.300 Staatsbedienstete seien zu
Höchststrafen, einige auch zum Tode verurteilt worden. Das seien dokumentierte
Tatsachen. “Es ist offensichtlich, dass sich eine große Tragödie ereignet hat
und gegenseitige Massaker stattgefunden haben, deren Wurzeln bis 1880
zurückreichen”, so Irtemçelik weiter.
Es sei jedoch genauso offensichtlich, dass bei diesen Deportationen “keine
einzige Komponente der Straftat des Völkermordes, der in der Uno-Konvention von
1948 eindeutig definiert wird, vorliegt”.
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(18.04.2005)
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